Ein Lernort unter Apfelbäumen
Das „Grüne Klassenzimmer“ trägt schon Früchte
Zwischen Schulgebäude und Sporthalle des Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasiums in Prenzlau liegt ein Ort, der auf den ersten Blick wie ein kleiner Park wirkt: Apfelbäume spenden Schatten, Blühflecken locken Insekten, und zwischen robusten Edelstahlbänken in Halbmondform blitzen Erdbeeren aus selbstgebauten Hochbeeten hervor. Doch hier wird nicht nur gegärtnert oder pausiert – hier wird gelernt.

Blick aufs „Grüne Klassenzimmer“ zwischen Schulgebäude und Sporthalle.
Foto: Scherpf-Gymnasium
„Während der Hitzeperiode im Juni war das Grüne Klassenzimmer jede Stunde besucht“, freut sich Jörg Dittberner, stellvertretender Schulleiter vom Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasiums. Die Idee für diesen besonderen Lernort geht auf das Jahr 2019 zurück. Damals fand der Verbrauchertag statt, das Gymnasium wurde dank angelegter Blühflecken mit bienenfreundlichen Pflanzen als „Verbraucherschule Gold“ ausgezeichnet – der Anfang für viele Projekte mit Schülerbeteiligung.
Von Abstand zu Gemeinschaft
In der Corona-Zeit gewann dann die brachliegende Fläche, die genau genommen gar kein Schulgelände ist und zum Stadtgebiet gehört, an Bedeutung. „Eigentlich durfte sie von jeher von Schülern nicht betreten werden, was idiotisch war“, erzählt Jörg Dittberner. Erst wurde das Tabu gekippt, dann hatten zwei Schüler die Idee, dort eine Bank aufzustellen – und das Mittagessen ins Freie zu verlegen. Schnell kamen mehr Lernende hinzu. Das Bedürfnis nach frischer Luft, Abstand und Austausch war groß.

Beliebter Lern- und Pausenort der Gymnasiasten – ob auf der Bank oder unter Bäumen.
Foto: Scherpf-Gymnasium
Lokale Unterstützer
Was folgte, war echtes Engagement: Zwei Schüler organisierten gemeinsam mit der Schulleitung eine Projektgruppe, sprachen lokale Unternehmen an – von der Sparkasse über „die Wohnbau GmbH” bis hin „zum Rotary Club und Stadtwerken”. Innerhalb von nur vier Monaten kamen 20.000 Euro zusammen. Der Schulförderverein legte noch einmal rund 6.000 Euro obendrauf. „Die beiden Schüler sind wirklich von Tür zu Tür gezogen – das war beeindruckend“, sagt der stellvertretende Schulleiter.
Auch Ehemalige engagierten sich: Goldene Abiturjahrgänge, Abiturienten von vor 50 Jahren, die jährlich zu kleinen Abiturtreffen kommen und geehrt werden, spendeten zwei große Obstbäume à 500 Euro. „Sie haben uns gefragt, wie sie etwas Gutes tun können – das Ergebnis hängt nun voller Äpfel“, so Dittberner. Auch der aktuelle Abiturjahrgang 2025 will diesen Impuls aufgreifen.

Engagement zeigt Früchte: Stadtwerke-Sprecherin Sandy Stirnat (F. re) und Trainee Klara-Marie Zwerschke besuchten im Juni das Scherpf-Gymnasium und freuten sich, dass der „Stadtwerke-Baum“ voller Äpfel hing.
Foto: Scherpf-Gymnasium
Klassenzimmer ohne Türen
Heute stehen auf der einstigen Brache 13 Sitzbänke – bewusst im Halbkreis aufgestellt, ideal für Diskussionen und Gruppenarbeiten. Unter zwölf Obstbäumen – fast alles alte Apfelsorten – findet regulärer Unterricht statt. „Geschichte oder Biologie unter freiem Himmel – das funktioniert erstaunlich gut“, so Dittberner. Auch spontane Arbeitsgruppen oder Pausen werden dort verbracht – ganz ohne festen Belegungsplan. Dass die Fläche stets sauber und gepflegt bleibt, sei dem Engagement der Schüler und der Aufmerksamkeit der Lehrkräfte zu verdanken. „Es ist eine Ecke, die funktioniert, ohne dass man sie beaufsichtigen muss.“
Alles wird in Eigenleistung gepflanzt und gepflegt. Zum neuen Schuljahr soll das Projekt sogar am Wettbewerb der Architektenkammer Brandenburg teilnehmen – mit Plänen für einen Pavillon und weitere Pflanzbeete.

Metallschilder in Blattform weisen auf die Unterstützer hin.
Foto: Scherpf-Gymnasium
Ein Ort der Identifikation
Was das Grüne Klassenzimmer so besonders macht, ist nicht nur seine grüne Kulisse. Es ist vor allem die Identifikation der Schulgemeinschaft mit dem Projekt. Jeder Baum steht daher für besonderes Engagement. Künftig sollen Metallschilder in Blattform auf die Unterstützer hinweisen. „Ich hätte in meinen kühnsten Träumen nicht damit gerechnet, was wir jetzt haben“, meint Dittberner. „Das hätte kein Landschaftsbauer mit noch so viel Geld besser hinbekommen.“